'Drinnen' oder 'Draussen'!?
Es gibt kaum ein Politikerinterview, in dem die befragten Volksvertreter nicht die Formulierung von 'den Menschen draussen im Lande' gebrauchen, um die man sich kümmern müsse.* Interessant ist die Formulierung, die diese Leute wählen: 'die da draussen' kann nur bedeuten, dass die Politiker sich 'da drinnen' sehen, und diese Perspektive lädt zum Grübeln ein: Was bedeutet 'draussen', was 'drinnen'?
Ein System ('Drinnen') wird von einer Umwelt ('Draussen') unterschieden. Systemisch ist das eine Grenzziehung. Wenn also eine Politikerin von den Menschen 'draussen im Lande' spricht, betrachtet sie die Bürger als Umwelt der Politik, nicht als Teil. Was bedeutet das? Politik ist ein System mit eigenen Strukturen und Regeln, das gegenüber der Umwelt operativ geschlossen ist. Es handelt aufgrund von Logiken, die sich von denen der 'umgebenden Gesellschaft' unterscheiden. Mit anderen Worten: Der Einfluss der Umwelt (der Bürger, der Gesellschaft) auf die Politik hängt demnach von den internen Operationen des politischen Systems ab. Gezielte Veränderungen der Politik lassen sich also nur von innen heraus, nicht von aussen bewirken. Die Staatsgewalt, die vom Volke ('draussen') ausgehen soll (Art. 20 GG) und im Sinne des Volkes wirken sollte - und das meint alle, die nicht ein politisches Amt ausüben oder eine Funktion im politischen System innehaben - , entfaltet sich nach eigenen Regeln und mit Entscheidungen, die den Willen des Volkes eher zufällig widerspiegeln. (siehe dazu auch Prof. Lawrence Lessig auf: YOUTUBE TEDxMidAtlantic) Ganz abgesehen davon, dass mit der Unterscheidung 'drinnen - draussen' anmassender Paternalismus auftritt, entlarvt diese äußerung ein gebrochenes Verhältnis zum Grundgesetz und zur Demokratie. Das kann kein 'citoyen' akzeptieren.